Blick zum Widderstein

Mut zum Vertrauen

Von großen Plänen und dem Vertrauen, dass es gut wird

 
Vorbereitung ist alles” habe ich in meinem letzten Beitrag als Zwischenüberschrift geschrieben. Ich habe über den Satz gar nicht so richtig nachgedacht. Er kam spontan und fühlte sich gut an. Ein lieber Freund von mir hat mir in einer eMail seine Gedanken zu dem Beitrag geschickt und mich dazu gebracht, mir die Formulierung noch einmal anzuschauen. Ist Vorbereiten und Planen wirklich das Wichtigste? Gibt es nicht noch etwas darüber hinaus? Nämlich Vertrauen in das Gelingen?

Pläne machen, um vorbereitet zu sein

Planen gehört für mich dazu bei allem, was ich tue. Ich habe eigentlich immer eine sehr konkrete Vorstellung von dem, was kommen soll. Ich bin sogar echt gut im Planen – bis ins kleinste Detail. In vielen Fällen kommt es nachher anders, als ich geplant habe – egal ob bei Wanderungen oder bei den Dingen, die ich alle in meinen Tag quetschen wollte. Das macht mir aber nichts aus, weil ich mir zumindest die Zeit genommen habe, vorher zu überlegen, was ich machen will und was ich tun muss. So kann ich bei Änderungen besser und schneller für mich abwägen, wie ich damit umgehe.

Und Pläne ändern sich dann auch wieder. Die Zeit bleibt ja nicht stehen, nur weil ich sie verplant habe. Manchmal taucht plötzlich etwas auf, was vorher nicht absehbar war. Mal muss ich das Neue mit einbeziehen und mal meine alten Pläne ganz fallen lassen.

Im Privaten komme ich sehr gut damit zurecht. Vielleicht habe ich deshalb auch das Wort “Vorbereitung” gewählt und nicht “Planung” geschrieben. Ich bin gerne vorbereitet. Ich weiß gerne, was auf mich zukommt. Ich lebe nicht in den Tag hinein, sondern habe konkrete Ideen, was ich mit meiner Zeit anfange. Das war immer so und gehört zu mir. Da ist aber jeder auch anders und jeder muss das so handhaben, wie es für ihn selbst stimmig ist.

Neue Möglichkeiten tun sich auf, wenn man unterwegs ist

Mein guter Freund hat das Wort “Vertrauen” ins Spiel gebracht. Man kann nicht alles planen und vorbereiten, sondern muss auch irgendwann im Vertrauen losgehen, dass es gelingen wird.

Ich kann noch so viele Ideen haben und Pläne schmieden und mich vorbereiten durch Lernen, Trainieren, Informieren …. wenn ich nicht den ersten Schritt tue, die erste Aufgabe angehe, dann werden aus all den Plänen keine Erlebnisse, keine Erfahrungen, keine Gespräche, keine Jobs, keine Beziehungen, keine Vorträge, keine Wanderungen. Sie alle bleiben nur Möglichkeiten und Träume.

Pläne und Ideen füllen meine Scheunen der Vergangenheit nicht. Ich muss sie ins Jetzt bringen, sie umsetzen, sie “zeitigen” wie Viktor Frankl es nennt. Ich muss sie in die Zeit holen, damit sie Teil meines Lebens werden und mich weiterbringen und formen können. Bei allen Plänen und Ideen, die ich habe, gilt es, eine oder mehrere davon auszusuchen und mich dafür zu entscheiden. Erst durch meine Entscheidung und den ersten Schritt darauf zu, kann ich überhaupt verstehen, ob mich das in die richtige Richtung führt. Diesen Schritt muss ich vertrauensvoll machen, weil ich ja nicht vorher wissen kann, ob er gelingen wird.

Die eigenen Stärken kennen …

In meinem privaten Leben fällt mir das leicht. Da ich recht genau weiß, was ich kann, probiere ich viel einfach aus im Vertrauen auf mich und auf das, was ich weiß und kann. Darüber hinaus habe ich aber auch ein tiefes Vertrauen in die Welt und lasse mich nicht von allen möglichen Hindernissen und Gefahren abhalten, die kommen könnten.

Was wäre das Schlimmste, was passieren könnte? Wie wahrscheinlich ist es, dass genau mir das passieren wird? Und was wäre, wenn es tatsächlich passieren würde? Ich habe die Tendenz, diese Fragen entweder gar nicht erst zu stellen oder sie mit Vertrauen zu beantworten, das es gut wird. Das gibt mir Leichtigkeit. Eine Freiheit, über die ich sehr dankbar bin.

… und auf sie vertrauen

Diese Leichtigkeit würde ich gerne noch mehr auch in mein berufliches Umfeld bringen. Im Beruf bin ich zum Teil sehr gefangen davon, ob ich genüge. Ob ich gut genug bin. Ob ich denn auch alles bedacht und abgewägt habe, um ja keinen Fehler zu machen. Und dieses Zweifeln an mir, dieses fehlende Vertrauen in mich und meine Erfahrung, in mein Können und den Umfang meines Einsatzes wirft mich immer wieder aus der Bahn, wenn unvorhergesehene Themen kommen. Plötzlich wird Planen zum Wichtigsten. Neue Situationen lassen den Planungsprozess neu starten.

In einen vollen Plan kann ich nicht mehr viel hineinplanen, ohne das Gefühl zu bekommen, dass es mich erdrückt, weil Plan und Realität plötzlich nicht mehr übereinstimmen. Zeit ist eine begrenzte Ressource und kann zwar mit Effizienz noch ein bisschen gestreckt werden, aber irgendwann sind hier ganz natürliche Grenzen gesetzt. Wenn ich diese Grenzen nicht selber einhalte, dann sorgt mein Körper oder meine Seele dafür, dass ich es tue. Auch diese beiden sind Ressourcen mit einem Limit. Es gilt, ein gutes Ohr zu haben und ihre Hilfeschreie rechtzeitig zu hören. Und dann nicht weiter zu gehen, ohne eine Rast einzulegen und sich zu stärken.

Den eigenen Kompass kalibrieren

Warum geht das im Privaten und im Geschäft scheitere ich immer wieder? Wenn ich in mich hineinhorche, dann ist einer der Punkte sicher der, dass das eigene Gefühl für das, was ich kann, irgendwie verloren geht. Wir gehen so oft in den Vergleich mit anderen. Oder mit dem, was diese vermeintlich leisten. Oder mit dem, von dem uns suggeriert wird, was zu leisten ist. Doch wenn wir ehrlich sind: Woher kommt unsere Annahme, dass die anderen besser sind, mehr machen, alles leichter schaffen?

Leider sind Einflüsse von außen eher selten, die unsere teils verzerrte Wahrnehmung darüber gerade rücken. Wer sollte dies auch tun? Der Chef, der sich freut, dass man immer noch mehr Aufgaben übernimmt? Der Kollege, der sich nicht die Blöße geben will, dass auch er am Ende ist? Oder derjenige, der Wege gefunden hat, immer beschäftig auszusehen ohne viel zu tun? Oder der andere, der total aufgeht in seiner Arbeit und für den der Arbeitstag nicht lang genug sein kann?

Es gilt, den eigenen Kompass selbst wieder zu finden und zu kalibrieren. Das Vertrauen in die eigenen Stärken und Talente zu haben und in die eigene Intuition, was gut genug ist, was ausreicht. Sich ein „Nein“ zu erlauben. Den Mut zu diesem „Nein“ zu haben. Es gilt, die eigenen Stärken schätzen zu lernen, aber auch ihre Grenzen zu kennen und diese nicht mit einem anderen zu vergleichen.

Mut, ich selbst zu sein

Wenn ein anderer an einer Stelle mehr leisten kann als ich, darf das nicht das Maß für mich sein. Es ist immer nur ein Ausschnitt von uns beiden in diesem Moment. Wir sind einzigartig und nicht vergleichbar, weil jeder von uns über diese eine Situation hinaus noch viele andere Lebenthemen hat, die in diesem Moment nicht mitbetrachtet werden.

Jeder Mensch ist mit seinem So-sein einzigartig und trägt zum Ganzen bei. Wie in der Natur, in der alle Pflanzen und Lebewesen unterschiedlich sind, in verschiedenen Lebensräumen vorkommen und dort verschiedene Aufgaben haben, so sind auch wir alle unterschiedlich und nicht vergleichbar. Auch jeder von uns Menschen trägt seinen Teil bei und ist mit seiner ganz eigenen Art und seinen ganz eigenen Fährigkeiten wichtig für das Ganze.

Den Mut zu haben, den eigenen Teil beizutragen und nicht den eines anderen. Das Vertrauen zu spüren, dass es genügt. Das wünsche ich dir und mir. Auch und erst recht, wenn es sich manchmal einfach nicht so anfühlen will.

 „Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“ — Søren Kierkegaard

One Response

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *