NdeZ_Feld mit Aehren

Zurückblickend

Vom Ärger über Unkraut und dem Wissen um reiche Vorräte

 

Wir leben die meiste Zeit in unserer Vergangenheit. Ist dir das bewusst? Wir tun Dinge genauso, wie wir sie die letzten Jahre schon getan haben. In derselben Reihenfolge. Derselben Art und Weise. Mit derselben Lust oder Unlust.

Wir schauen die Dinge und Menschen an, wie wir sie immer schon gesehen haben. Mit demselben liebevollen Blick, derselben Gleichgültigkeit oder – im schlimmsten Fall – demselben Unmut.

Das, wovon wir reden, worüber wir posten auf facebook, Instagram, in WhatsApp – die meisten Bilder, Texte und Kommentare handeln von Vergangenem. Wenige Träume und Visionen. Wenige Pläne. Wenn dann vielleicht einmal ein sarkastischer Post über etwas, was man gerne hätte, aber doch nie bekommen wird. Was man gerne erleben würde, das aber für einen selbst ja nicht in Reichweite ist.

Wann machen wir einmal etwas Neues? Etwas noch nie da Gewesenes? Wann überraschen wir uns selbst mit dem Abenteuer, etwas zu verändern?

Keine Frage: Es ist eine Leistung, den Blick von Bekanntem auf Unbekanntes zu legen. Und das ist unsere Vergangenheit nun mal: Bekanntes. Es ist eine Herausforderung, klein oder sogar groß zu träumen im Alltag. Sich aus dem Gewohnten herauszubewegen.

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Ein erster Schritt kann sein, mit dem Vergangenen zumindest gut umzugehen, damit es der Zukunft keine Steine in den Weg legt, sollte sie uns dann einmal rufen.

Gut umgehen? Wie können wir das? Die Vergangenheit ist vorbei. Unbeeinflussbar geschehen.

Oder?

Alles Geschehene ist Teil unseres Lebens geworden, und es ist nicht veränderbar, solange Zeitreisen nicht zum Programm der Menschen gehören. Aber nur die Fakten sind nicht veränderbar. Nicht unser Blick darauf und unsere Gefühle, unsere Emotionen dazu.

Mit meinem Blick zurück kann ich meine Vergangenheit verändern. Sehe ich, wenn ich mich umschaue, nur ein Stoppelfeld? Abgeschnittene Halme, Leere? Hadere ich damit, dass die reiche Fülle, die das Feld hervorgebracht hat, vergangen ist? Sehe ich nur mehr das Unkraut, das Widrige, das Nutzlose, vielleicht Schmerzliche auf dem Feld, das über die abgeschnitten Halme gewachsen ist? Erinnere ich mich nicht einmal mehr an die Fülle, das Leben, das dort einmal war?

Wenn ich erkenne – ja, danach suche – was durch meine Vergangenheit in meinem Leben wachsen durfte und es bereichert hat, verändert sie sich für mich. Sie mag mich Mühe gekostet haben, wie es Mühe kostet, ein Feld zu bestellen, abzuernten und die Ernte zu verarbeiten. Aber das reiche Korn, das ich dadurch in meine Scheunen bringen konnte, wird mich lange Zeit nähren und stärken. Wie mich meine Erfahrungen und meine Begegnungen Mühe und Schmerz gekostet haben können, aber eine reiche Fülle an Vorräten, an Ressourcen in mir geschaffen haben.

Im Gegensatz zum Korn können diese Vorräte nicht verderben. Meine Aufgabe ist es, die Scheunentore aufzustoßen und sie wahrzunehmen und zu nutzen. Und meine Kraft aus dem Gelernten und Erfahrenen zu ziehen, um meine eigene Zukunft zu gestalten.

 

Leuchtende Tage. Nicht weinen, dass sie vorüber, lächeln, dass sie gewesen sind.
– Konfuzius

Und das gilt auch für schmerzliche Tage. Wenn wir rückblickend darin erkennen, was uns stärker gemacht hat.

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